Kevin allein zu Haus - oder: Erfolgreiche Organisationen mit Fördermitteln und Fundraising

21.08.2024, 16:52

Wie sollten Ihre internen Strukturen und Prozesse organisiert sein, damit Ihr Fördermittel- bzw. Fundraising-Management die Erfolge bringen, die Sie benötigen? Diese Frage berührt direkt Ihr Organisations- bzw. Geschäftsmodell.

Wie es besser nicht gemacht wird, zeigt das folgende Beispiel, das wir so oder ähnlich des Öfteren beobachten: Ein sozialer Träger stellt eine Fördermittel-Expert:in ein, die insbesondere für die Bundes- und Landesförderung zuständig sein soll. In der Kalkulation der Geschäftsleitung ist vorgesehen, dass sich diese neue Stelle in naher Zukunft de facto selbst finanziert, und dass die neue Mitarbeiter:in mittelfristig eine siebenstellige Summe einwirbt. Es ist durchaus möglich, dass so eine Vorgabe realisiert werden kann. An nicht vorhandenen Förderoptionen scheitert dies in der Regel nicht.

In der Praxis geschieht häufig folgendes: Der neue Mitarbeiter, nennen wir ihn Kevin, startet enthusiastisch in seinen neuen Job. Weil Kevin sich gut mit dem Fördersystem in Deutschland auskennt, kann er viele substanzielle Vorschläge machen. Er weiß, in welchen Bereichen man die Organisation mit Hilfe von öffentlicher Förderung voranbringen kann. Statt mit positivem Feedback reagieren die neuen Kolleg:innen jedoch eher skeptisch. Da heißt es: „Das können wir so nicht machen. Dafür ist Abteilung X zuständig“ oder „Ich habe keine Zeit, die notwendigen Zuarbeiten zu leisten. Vielleicht nächstes Jahr”.

Parallel landen neue interne Fördermittel-Anfragen auf Kevins Schreibtisch. In der Organisation hat sich langsam herumgesprochen, dass jetzt ein Fördermittel-Experte für die Beschaffung öffentlicher Gelder zuständig ist. Die meisten dieser Anfragen lassen sich in zwei Kategorien einordnen: Erstens sind das Ideen, die so allgemein und unkonkret sind, dass sie ohne detaillierte Rücksprache nicht weiter vorangetrieben werden können. Wenn Kevin sich dann an die Kolleg:innen wendet, dann hört er nicht selten „Machen Sie erst einmal und melden Sie sich, wenn Sie ein Förderprogramm für mich haben. Das Fördersystem interessiert mich im Detail nicht, aber für mein Thema muss es doch etwas geben.“

Zur zweiten Kategorie gehören die Ideen, bei denen schon feststeht, wofür die Gelder genau benötigt werden. Oft soll es auch schnell gehen – in einigen Monaten möchte man das Projekt starten. Kevin beschleicht bei diesen Anfragen der Verdacht, dass die Kolleg:innen bereits einiges versucht haben, um eine Finanzierung auf die Beine zu stellen. Da Alternativen, zum Beispiel ein Stiftungsantrag, nicht funktioniert haben, sollen es jetzt öffentliche Fördermittel sein. Nicht selten bekommt Kevin diese Projekte mit dem Hinweis übergeben, “bitte keine Änderungen am Konzept vorzunehmen”. Und für eine Unterstützung bei der Antragstellung gäbe es leider keine personellen Ressourcen.

Dieses Szenario nennen wir in Anlehnung an einen bekannten amerikanischen Spielfilm „Kevin allein zu Haus“. Es ist nur ein Beispiel für fragwürdiges Fördermittelmanagement - es gibt weitere. Der Grund dafür ist jedoch häufig ähnlich: Man möchte schnelle Fördermittel-Erfolge, allerdings ohne großen zusätzlichen Aufwand, und ohne dass sich in der Organisation etwas ändert. Tappen Sie nicht in diese Falle. Fördermittel und Organisationsentwicklung gehören zusammen. In diesem Fördertipp zeigen wir Ihnen, wie Sie Kevin so in Ihre Organisation integrieren, dass ihr Fördermittelmanagement in Zukunft sehr viel besser funktioniert.

 

Unser Tipp:

Fördermittel- und Fundraising-Management betrifft Ihre gesamte Organisation. Verschiedene Bereiche und Personen sollten effektiv miteinander kooperieren, damit aus guten Ideen spannende Projekte und innovative neue Produkte werden können.

Hier ist ein ganzheitlicher Blick auf Ihre Organisation gefragt. Nehmen Sie sich ausreichend Zeit, um zu entscheiden, wie u. a. öffentliche Förderung genau zu Ihrem Organisationserfolg beitragen kann und welche organisatorischen Änderungen Sie anstoßen möchten, damit alle Beteiligten in Zukunft Hand in Hand arbeiten.

 

Das Leitungsteam zuerst

Eine bekannte japanische Weisheit lautet: “Wenn Du es eilig hast, mache eine Umweg”. Das empfehlen wir verantwortlichen Führungskräften bzw. Leitungsteams, wenn es darum geht, grundlegende Neuerungen in der Organisation in Angriff zu nehmen.

Wir haben dafür ein passendes Tool entwickelt: Open Space für Führungskräfte - geeignet für Einzelpersonen und für Leitungsteams. Wenn Sie das Gefühl haben, dass sich in Ihrer Organisation grundsätzlich etwas ändern sollte, aber Sie sich noch nicht sicher sind, wo Sie am besten ansetzen können, dann ist es wichtig, erst einmal in die Analyse zu gehen. Ab Seite 86 im INCLUDE Handbuch finden Sie alles, was Sie wissen müssen, um das Tool Open Space für Führungskräfte ohne externe Unterstützung entweder allein oder zusammen mit Ihren Leitungskolleg:innen anzuwenden.

 

Alle mitnehmen

Einigen wird das obige Szenario mit Kevin, der sich in seiner Organisation allein gelassen fühlt, bekannt vorkommen. Viele von Ihnen hatten sicher schon einmal eine gute Idee und es gab dafür sogar das passende Förderprogramm. Trotzdem ist im Antragsprozess dann vieles nicht so gelaufen, wie Sie sich das vorgestellt haben.

Das kann diverse Gründe haben. Nicht selten gibt es jedoch einen zentralen Aspekt, dem nicht ausreichend Beachtung geschenkt wird. Alle Personen, die an einem komplexen Förderantrag beteiligt sind, müssen bei diesem Projekt “mitgenommen” werden. Was heißt das konkret? Sie benötigen für Ihren Antrag u. a. Know-how aus der Personalabteilung, aus der Buchhaltung, meist aus verschiedenen Fachabteilungen bzw. von Personen, die in unterschiedlichen Abteilungen oder an verschiedenen Orten tätig sind. Ggf. müssen weitere verantwortliche Leitungskräfte von Ihrer Idee überzeugt werden.

Bei allen Aktivitäten, die nicht zum operativen Normalbetrieb gehören, sind Sie darauf angewiesen, dass Menschen zusammenarbeiten, die dies nicht regelmäßig tun (müssen). Diese nicht alltäglichen Aktivitäten haben einen Namen - man nennt sie Projekte. Nur, wenn alle frühzeitig eingebunden und mitgenommen werden, haben Sie eine Chance, dass Ihr Projekt möglichst reibungslos über die Bühne geht.

Damit Projekte für Ihre gesamte Organisation zum Erfolg werden, müssen zuerst auf der Organisationsebene die Voraussetzungen dafür geschaffen werden. Bestehende interne Strukturen und eingefahrene Prozesse behindern nicht selten ein erfolgreiches Fördermittel-Projektmanagement, bei dem möglichst alle relevanten Akteure in die gleiche Richtung gehen. Einfache Lösungen gibt es in diesen Situationen nur selten - Lösungen müssen in der Regel sehr individuell für die jeweilige Organisation gesucht und gefunden werden. Aber es gibt sie und wenn Sie sich auf den Weg machen, die Grundlagen für eine bessere bereichsübergreifende Zusammenarbeit zu schaffen, dann wird nicht nur Ihre Projektidee davon nachhaltig profitieren.

Wie Sie einen Entwicklungsprozess in diese Richtung starten und gemeinsam mit Ihrem Team zum Erfolg führen, zeigen wir Ihnen in der INCLUDE Schritt-für-Schritt Anleitung ab Seite 47 im INCLUDE Handbuch.

 

Bewusst anders handeln

Von Albert Einstein stammt das folgende Zitat: “Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, wie sie entstanden sind”. Diese Erkenntnis könnte auch zu einer grundlegenden Maxime werden, wenn Sie sich daran machen, Veränderungen in Ihrer Organisation zu initiieren.

Es gibt einen einfachen Weg, um für das Neue Platz zu schaffen: Zuerst sollten Sie einmal gründlich aufräumen. In der einschlägigen Literatur findet man dafür diverse Begriffe, z. B. “Via Negativa” (Taleb) oder “systematische Müllabfuhr” (Malik). Diese Konzepte verbindet eine Einsicht. Es ist meist viel leichter, zuerst einen Prozess, ein spezifisches Vorgehen oder ein konkretes strukturelles Charakteristikum abzuschaffen, als zusätzlich zu den bestehenden Arbeitsprozessen und Strukturen das Neue "darauf zu satteln". Suchen Sie gezielt nach Regeln oder Vorgehensweisen, die z. B. allen in Ihrer Organisation die Zeit rauben, sich auf das wirklich Wichtige zu fokussieren. Wenn Ihre Teammitglieder beispielsweise an einem Meeting weniger pro Woche teilnehmen, dann gerät nur in den seltensten Fällen etwas aus den Fugen.

Bitte beachten Sie: Für alle bestehenden Prozesse und Strukturen wird es einmal gute Gründe gegeben haben, diese einzuführen. Sie waren und sind also nicht per se falsch, nur passen sie ggf. nicht mehr zur jetzigen Situation und den Rahmenbedingungen, die Sie heute vorfinden.

Erst wenn Sie gründlich aufgeräumt haben und in Ihrem Team dadurch Kapazitäten freigesetzt haben, sollten Sie sich mit neuen Tools und der Frage, wie sie in Zukunft ganz bewusst anders vorgehen können, im Detail beschäftigen. Anregungen dafür, wie Sie neue Denkweisen in Ihrer Organisation erfolgreich etablieren können, bieten Ihnen die 27 INCLUDE Tools, die wir für Sie zusammengestellt bzw. teilweise neu entwickelt haben.

 

Lassen Sie Ihren Organisationsentwicklungsprozess fördern

Neues Know-how zu erwerben oder einen strukturierten Entwicklungsprozess in einer Organisation bzw. einem Unternehmen voranzutreiben, kostet Zeit und Geld. Und nicht selten geht es mit externer Beratung zielgerichteter voran.

Glücklicherweise gibt es dafür gute Förderprogramme sowohl für Organisationen / Unternehmen als auch für Solo-Selbständige, Führungskräfte und für Mitarbeiter:innen. Die Stichworte lauten: INQA, QCG und KOMPASS.

INQA: Durch das Programm INQA-Coaching können Sie eine attraktive Beratungsförderung nutzen, um gemeinsam mit Ihrem Team die Herausforderungen der Arbeitswelt zu meistern und sich für die Zukunft besser aufzustellen. Organisationen und Unternehmen können mit 80 % Förderung rechnen, wenn sie die Fördervoraussetzungen für das INQA-Coaching erfüllen. Alles weitere erfahren Sie im emcra-Fördertipp vom 8.11.2023. Zur Info: Verschiedene emcra-Teammitglieder sind als INQA-Berater:innen offiziell akkreditiert. Wir unterstützen Sie gerne bei Ihrer Entwicklung.

QCG: QCG steht für das Qualifizierungschancengesetz. Das QCG finanziert die Weiterbildungskosten für Ihr fest angestelltes Personal. Zusätzlich erhalten Arbeitgeber einen Zuschuss zu den Lohnkosten, um eine temporär "wegfallende" Arbeitskraft zu kompensieren. Die Konditionen für berufliche Weiterbildungsförderung waren in den vergangenen Jahren bereits gut. Seit April 2024 sind sie noch einmal deutlich besser geworden. 100 % der Lehrgangskosten werden bezuschusst und 75 % der Lohnkosten, die im Verlauf einer Weiterbildung bezahlt werden, können erstattet werden. Das gilt jetzt für alle Organisationen und Unternehmen mit weniger als 50 Vollzeitbeschäftigten. Auch die Mehrkosten für Menschen mit Behinderung werden übernommen und Berufseinsteiger:innen haben es jetzt leichter, ebenfalls eine Förderung zu erhalten.

Sie können auch die Teilnahme an unserer INCLUDE Weiterbildung mit Hilfe des QCG finanzieren. Im emcra Fördertipp vom 17.4.24 erfahren Sie alles, was Sie wissen sollten. Oder Sie rufen uns einfach an (030 / 3180 1330).

KOMPASS: In 2024 ist das ESF+ Programm KOMPASS richtig an den Start gegangen. Vorerst für die nächsten drei Jahre können damit Weiterbildungen für Soloselbstständige (max. eine Mitarbeiter:in ist zulässig) mit bis zu 90 % bzw. max. 4.500 Euro gefördert werden. Das gab es vorher so nicht. Die ersten über KOMPASS geförderten Teilnehmer:innen konnte emcra bereits begrüßen. Hier erfahren Sie mehr zu den Kriterien der KOMPASS-Förderung.

Bitte beachten Sie: Sie können neues Know-how auch einstellen. Unter Umständen gibt es für Neueinstellungen eine finanzielle Unterstützung - Stichwort Personalförderung. Im emcra-Fördertipp vom 26.6.2024 zeigen wir Ihnen die verschiedenen Möglichkeiten.

 

 

Wir wünschen Ihnen viel Erfolg bei der Weiterentwicklung Ihrer Organisation!

 

 

#emcra_Dozent:innen_für_Leadership_und_Organisationsentwicklung

Um den bestmöglichen Lernerfolg zu erreichen, arbeiten wir bei emcra mit erfahrenen Fachreferent:innen und Praktiker:innen zusammen - in Zukunft neben unseren angestammten Bereichen Fördermitteln und Fundraising auch bei den Themen Leadership & Organisationsentwicklung.

Wir planen einen möglichst optimalen Mix aus externen Fachreferent:innen, die ihr langjähriges Wissen mit Ihnen teilen, sowie erfahrenen emcra Referent:innen mit nachgewiesenem Erfolg. Während Ihrer Weiterbildung steht Ihnen zudem kontinuierlich eine emcra Bildungsreferent:in als Ansprechpartner:in zur Verfügung. Alle emcra Referent:innen verfügen über methodisch-didaktische Kenntnisse und langjährige Erfahrungen in der Vermittlung von Inhalten. Wir achten darauf, dass sich alle unsere internen und externen Dozent:innen regelmäßig weiterbilden und so up-to-date bleiben.

Die Haupttrainer:innen in unserer neuen zertifizierten INCLUDE Weiterbildung sind unsere beiden Geschätsführer:innen Heike Kraack-Tichy und Michael (Mika) Kraack. Beide verfügen über mehr als 20 Jahre Führungserfahrung und besitzen ein umfangreiches Überblickswissen in den Bereichen Förderung und Fundraising. Heike und Mika waren maßgeblich an der Entwicklung des INCLUDE Führungskräfteprogramms beteiligt, das emcra zusammen mit europäischen Organisationen aus Praxis und Wissenschaft erarbeitet und in diversen Ländern erfolgreich umgesetzt hat. Sie haben u. a. einen wesentlichen Beitrag zum INCLUDE Handbuch für Leader und alle, die es werden wollen geleistet. Mit der Entwicklung der INCLUDE Weiterbildung erfüllen sie sich einen Herzenswunsch. Umso mehr freuen Sie sich auf alle Interessent:innen und die Teilnehmenden, die ab November 2024 unsere Räume im Hohenzollerndamm in Berlin beleben werden.

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