Förderagenda 2030 - Worauf wir uns in unsicheren Zeiten vorbereiten sollten?

13.06.2024, 12:02

Die Europawahl liegt hinter uns. Wir möchten dieses Ereignis zum Anlass nehmen und thematisieren, worauf wir uns als Fördermittelinteressierte in der zweiten Hälfte der 20er-Jahre einstellen sollten. Es stehen weitere wichtige Landtagswahlen in diesem Jahr an, in den USA wird ein neuer Präsident gewählt, bis zum nächsten Bundestagswahlkampf im kommenden Jahr vergeht nicht mehr viel Zeit und die neue EU-Kommission wird voraussichtlich ebenfalls in 2025 Ihre Vorschläge für die nächste Förderperiode ab 2028 präsentieren.

“Vorhersagen sind schwierig, besonders für die Zukunft”. Dieses Zitat wird unter anderem Nils Bohr zugeschrieben. Für die entfernte Zukunft ist die Aussage auch völlig richtig. Niemand kann die geopolitische oder wirtschaftliche Situation in Deutschland und Europa in zehn Jahren exakt vorhersagen. Für kürzere Perioden und klarer fokussierte Zukunftsanalysen ergibt sich jedoch ein etwas anderes Bild. Wir können z. B. im Bereich Förderung relativ gut antizipieren, was auf uns zukommt. Natürlich verfügt auch im Bereich öffentliche Förderung niemand über eine Glaskugel, aber mit diesem Fördertipp wollen wir Ihnen die Vorbereitung auf die kommenden Jahre soweit wie möglich vereinfachen.

 

Unser Tipp:

Nutzen Sie die Möglichkeiten, die sich Ihnen bieten, um die Entwicklung der Förderlandschaft zu prognostizieren und sich aktiv auf kommende Förderchancen vorzubereiten.

 

Stabilität - eine Grundkonstante im Fördermittelsystem?

Grundsätzlich gilt, dass das deutsche und europäische öffentliche Fördersystem viel Stabilität bietet. Extreme Veränderungen sind selten, die Planbarkeit ist groß - auf der EU-Ebene sogar noch größer als im nationalen Kontext.

Den Rahmen für das EU-Fördermittelsystem bildet der sog. Mehrjährige Finanzrahmen (MFR), der für eine siebenjährige Förderperiode beschlossen wird. Wir befinden uns aktuell in der Förderperiode 2021-2027. Für diesen Zeitraum stehen von Anfang an eine Vielzahl von Förderprogrammen mit umfangreichen Budgets zur Verfügung. Es gibt regelmäßige “Calls”, die Sie nutzen können, um Förderanträge einzureichen.

Insbesondere durch wiederkehrende Antragsfristen und die auf sieben Jahre angelegten Förderprogramme ist die europäische Förderung sehr stabil und planbar - das gilt auch in Krisenphasen, wenn sich nationale Förderprioritäten schon einmal etwas deutlicher verschieben können. Ein weiterer positiver Nebeneffekt dieser Planungssicherheit ist, dass Sie bei einem negativen Förderbescheid häufig die nächste Antragsfrist dafür nutzen können, einen überarbeiteten Antrag einzureichen.

Auf der nationalen Ebene finden Sie im Koalitionsvertrag auf Bundesebene sowie in den einzelnen Koalitionsvereinbarungen in den Bundesländern Informationen zu den Zielsetzungen der jeweils regierenden Parteien. Daraus können Sie Förderprioritäten ableiten. Das bedeutet nicht, dass alle Planungen und politischen Willenserklärungen aus den Verträgen zu 100 % umgesetzt werden, aber dennoch bieten die Verträge eine gute Orientierung - insbesondere darüber, wie sehr Ihr Thema den regierenden Parteien am Herzen liegt.

Nationale Fördermittel bieten also ebenfalls einiges an Stabilität. Teilweise können Sie die Vergabe von Förderung sogar aktiv mitgestalten. Gerade auf kommunaler Ebene bieten sich hier gute Chancen. Setzen Sie Ihr Thema auf die politische Agenda Ihrer Gemeinde und bringen Sie Ihre Organisation damit aktiv ins Rennen um die kommunalen Haushaltsmittel.

Die Stabilität unseres Fördermittelsystems gibt Ihnen die Möglichkeit, langfristig eine Fördermittelstrategie zu entwickeln und sich als Organisation auf die erfolgreiche Nutzung öffentlicher Gelder systematisch vorzubereiten. Zudem ist zu beachten: Im Bereich öffentliche Förderung werden deutlich mehr Mittel zur Verfügung gestellt als durch andere Fundraisingquellen. Es gibt also viel Potenzial!

Bitte beachten Sie: Bei Herausforderungen, z. B. durch eine gesellschaftliche Krise, reagiert das Fördermitttelsystem - national wie in der EU - in der Regel damit, dass in die bereits bestehenden Förderprogramme neue oder veränderte Förderprioritäten integriert werden. Ganz neue Förderprogramme sind auch in Krisenzeiten seltener. Wenn sie aufgelegt werden, dann oftmals zeitlich begrenzt.

Generell ist es sinnvoll, Augen und Ohren immer offen zu halten - neue Programme und neue Förderprioritäten aufgrund sich verändernder politischer Zielsetzungen, wirtschaftlicher oder gesellschaftlicher Herausforderungen bieten Ihnen ggf. interessante Möglichkeiten. Sie erhöhen Ihre Chancen, frühzeitig von neuen Entwicklungen zu profitieren, wenn Sie über ein starkes Netzwerk verfügen, Ihr organisationsinternes “Fördermittelradar” Sie also rechtzeitig “warnt”.

 

Politik & das zukünftige Fördermittelsystem

In unserer zertifizierten Weiterbildung zur EU-Fundraiser:in wurde an diesem Montag, dem Tag nach der Europawahl, von einem Teilnehmer die folgende Frage gestellt: “Was bedeutet das Wahlergebnis jetzt für uns als (zukünftige) EU-Fundraiser:innen?”

Wenn Sie den obigen Abschnitt aufmerksam gelesen haben, dann kennen Sie die Antwort: Erst einmal wird sich durch die Europawahl wenig ändern. Die laufende EU-Finanzperiode wird wie geplant bis Ende 2027 umgesetzt. Das neue Europaparlament hat darauf einen vergleichsweise geringen Einfluss. Etwas anders sieht es aus, wenn man einen Ausblick auf die nächste EU-Förderperiode von 2028 bis 2034 wagt. Die neue EU-Kommission, die in den nächsten sechs Monaten ihre Arbeit aufnehmen wird, und das Europäische Parlament sind neben den Regierungen der EU-Mitgliedstaaten die wichtigsten Akteure, wenn es um die inhaltliche Planung der kommenden Finanzperiode geht. Wir dürfen gespannt sein, welche Programmvorschläge die neue EU-Kommission - voraussichtlich im Laufe des Jahres 2025 - für die Jahre ab 2028 unterbreiten wird.

Nach den Europawahlen ist vor den Landtagswahlen. Vor allem zivilgesellschaftliche Akteure in den Ländern, in denen ein eindeutiger Rechtsruck zu befürchten ist, sind gut beraten, sich frühzeitig insbesondere in Richtung Bund und EU zu orientieren, wenn sie davon ausgehen, dass die neu zu formierenden Landesregierungen sie in Zukunft nicht mehr wie bisher unterstützen.

Mit den Wahlen in den USA im November dieses Jahres und der Bundestagswahl in 2025 werden dann endgültig die politischen Weichen bis Ende der 20er-Jahre gestellt. Versuchen Sie, die potenziellen Auswirkungen auf das Fördersystem so gut wie möglich zu antizipieren. Am besten Sie legen sich organisationsintern verschiedene Fördermittel- und Fundraisingstrategien zurecht, um je nach Wahlausgang angemessen reagieren zu können.

 

Wie funktionieren politische Förderphasen & wie können Sie sich darauf vorbereiten?

Es ist wichtig, die verschiedenen politischen Ebenen - Kommunen, Bundesländer, Bund und EU - und deren jeweilige Förderspezifika zu kennen. Die jeweils verantwortlichen Akteure verfolgen auf allen politischen Ebenen Interessen, politische Mehrheiten entscheiden über die konkrete Ausgestaltung von Förderprogrammen. Wenn Sie als Organisation Fördermittel erhalten, dann tragen Sie mit Ihrem Projekt zur Umsetzung der jeweiligen politischen Interessen und Förderziele bei.

Die nationalen Förderphasen dauern je nach Legislaturperiode im Bund bzw. den Ländern vier bzw. fünf Jahre, in der EU haben wir dagegen für sieben Jahre Planungssicherheit. Besonders interessant sind in der Regel die Zeiten nach einer Wahl und die Verhandlungen im Vorfeld einer neuen EU-Förderperiode.

An dieser Stelle folgen einige Hinweise, damit Sie den Übergang zu einer neuen Förderphase gut meistern können:

  1. Beobachten Sie anstehenden Wahlen genau und antizipieren Sie, inwieweit sich daraus neue Förderprioritäten ergeben könnten.
  2. Halten Sie sich politisch im eigenen Themengebiet up-to-date - ein gutes Netzwerk sowohl im Bereich Förderung als auch Kontakte in die Politik sind besonders wichtig. Wir empfehlen die Fachgruppe Fördermittel beim Deutschen Fundraising Verband und die monatlichen kostenfreien emcra Online-Vernetzungstreffen.
  3. Verstehen Sie die Fördermittelstruktur - national, europäisch, global. Eine Einführung in die EU-Förderstruktur finden Sie hier.
  4. Beschäftigen Sie sich frühzeitig mit den Rahmendokumenten für die neue EU-Förderperiode ab 2028. Auch unser deutsches Fördermittelsystem wird dadurch stark beeinflusst, insbesondere durch die Neugestaltung der EU-Förderung im Bereich der "nationalen Förderfonds”, u a. des ESF+.
  5. Machen Sie Ihre eigene Organisation langfristig fit für Fördermittel. Dazu ist es wichtig, das gesamte Fördermittelsystem zu verstehen.

 

Fördermittel in Krisen- und Katastrophenzeiten

Das Wort “Polykrise” hat in den vergangenen Jahren Karriere gemacht. Und es stimmt ja auch: Wir leben in unruhigen Zeiten, in denen wir immer wieder auf krisenhafte oder sogar katastrophale Ereignisse reagieren müssen. Die Bilder der Überschwemmungen im Süden haben erst vor wenigen Tagen unsere Nachrichten dominiert.

Krisen sind für das Fördermittelsystem jedoch nichts Außergewöhnliches. Das Fördermittelsystem reagiert in der Regel recht ähnlich auf überraschende Ereignisse, die die Politik zum Handeln zwingen.

Wir können grob vier Förderphasen bei Katastrophen und Krisen unterscheiden: Akut-, Konsolidierungs-, Verstetigungs- und Evaluationsphase. Für Fördermittelmanager:innen bedeutet dies je nach Phase unterschiedliche Rahmenbedingungen für ihre Arbeit. Wenn Sie wissen möchten, was in den jeweiligen Phasen geschieht und was das für Ihre Fördermittelaktivitäten bedeutet, dann sollten Sie hier weiterlesen.

 

 

Wir wünschen Ihnen viel Erfolg für Ihre zukünftigen Fördermittelvorhaben!

 

 

#emcra_DFK24

In der vergangenen Woche fand der Deutsche Fundraising Kongress 2024 in Berlin statt! Der Deutsche Fundraising Verband als Veranstalter konnte eine Rekordzahl an Besucher:innen begrüßen. emcra war wieder mit dabei - es war spannend, intensiv und motivierend. Gerne teilen wir unsere “Aha-Momente” mit Ihnen:

  • Gut besuchte Workshops zu den Themen Förderung und Organisationsentwicklung, insbesondere unsere Session zu “Fundraising und Förderung partizipativ gedacht” mit Janna und Heike erntete positives Feedback.
  • Viele Fördermittel- und Fundraising-Interessierte haben uns in unserer Fördermittel-Lounge besucht, die wir in Kooperation mit dem Förderlotsen organisiert haben. Ganz besonders haben wir uns über die Besuche unserer emcra Alumni gefreut.
  • Das Interesse an den Fachtagen zu den Themen Gemeinwohlökonomie und Leadership zeigen, wie breit die Fundraisingszene in Deutschland thematisch mittlerweile aufgestellt ist. Fast 60 Teilnehmende beim Fachtag Leadership haben nicht nur Mika, der einen Impuls zum Thema “Antifragilität in der Führung” beisteuern durfte, begeistert.
  • Unsere Leadership-Lounge in Kooperation mit FAIR SHARE, Leaders of Tomorrow und Conversio bot an allen drei Kongresstagen einen schönen Ort zum Diskutieren und zum Austausch - wir haben uns insbesondere über das Interesse an unseren INCLUDE Projektergebnissen gefreut.
  • Das Thema öffentliche Förderung war insgesamt deutlich präsenter im Programm des Kongresses vertreten als in den Vorjahren. Das ist insbesondere Torsten und Heike zu verdanken, die als Leiter:innen der Fachgruppe Fördermittel beim Deutschen Fundraising Verband u. a. zwei sehr gut besuchte Panel-Diskussionen mit Vertreter:innen verschiedener Förderorganisationen organisiert haben. Das Interesse hat gezeigt, wie wichtig das Thema Förderung für Fundraiser:innen ist.
  • Wichtige Themen wie Nachhaltigkeit, digitale Transformation (v. a. KI) oder die Reaktionen auf den Rechtsruck in Europa standen im Zentrum des Kongresses - sowohl in den Sessions als auch in den Gesprächen - der Kongress agiert am Puls der Zeit.
  • Die Verleihung des Deutschen Fundraising Preises 2024 war wieder ein Highlight des Kongresses. Hier geht's zu den ausgezeichneten Projekten.

All in all: Tolles Vernetzungstreffen mit vielfältigen Fach-Inputs und einem Blick in die Zukunft - Daumen hoch! Wir freuen uns schon auf das Wiedersehen in 2025.

 

 

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