Aus aktuellem Anlass: Wie werden EU-Anträge bewertet? EU-Kommission stellt 200 Mio. Euro für Sonderausschreibung Erasmus+ zur Verfügung

09.09.2020, 09:21

Die EU-Kommission stellt kurzfristig insgesamt 200 Mio. Euro für eine Sonderausschreibung im Programm Erasmus+ zur Verfügung. Das ist ein guter Anlass, einige unserer wichtigsten Erfahrungen aus den letzten knapp sieben Jahren EU-Antragstellung mit Ihnen zu teilen. emcra hat in der zu Ende gehenden Förderperiode insgesamt fünf EU-Projekte als Leadpartner beantragt. Die Projekte wurden bewilligt, die Fördersumme beträgt insgesamt mehr als 1,5 Mio. Euro. Bei der Bewertung und bei der Umsetzung unserer Projekte haben wir einiges erlebt. Ihre Förderchancen, nicht nur bei Erasmus+, steigen, wenn Sie die untenstehenden Hinweise beachten.

Doch zuerst zur Sonderausschreibung: Im Bereich der nationalen EU-Förderung, z. B. im Europäischen Sozialfonds (ESF), sind kurzfristige Förderaufrufe zum Ende einer Förderperiode nicht selten. Häufig verfügen die Mitgliedstaaten über Restmittel, die sie dann zur Förderung von Themen verwenden, die für sie aktuell bzw. in der kommenden Förderperiode besonders relevant sind.

Bei den Brüsseler Aktionsprogrammen, zu denen Erasmus+ zählt, kommt das seltener vor. Umso interessanter ist es, dass die EU-Kommission als Reaktion auf die Corona-Herausforderungen jeweils 100 Mio. Euro für die Themen „digitale Bildung“ und „Kreativität“ vergeben will.

Die Förderung von europäischen Projektkonsortien im Bereich „digitale Bildung“ richtet sich an Akteure aus den Bereichen Schulbildung, berufliche Aus- und Weiterbildung sowie Hochschulbildung. Gefördert werden innovative digitale Praktiken, die u. a. dazu beitragen sollen, die Erholung von der COVID-19-Pandemie in der EU zu unterstützen.

Die Förderung von europäischen Projektkonsortien im Bereich „Kreativität“ richtet sich an Akteure aus den Bereichen Jugend, Schul- und Erwachsenenbildung. Die COVID-19-Krise hat den Kultur- und Kreativsektor besonders hart getroffen. Die Zusammenarbeit von Akteuren aus dem Bildungs- und Kreativsektor soll u. a. dazu beitragen, die Widerstandsfähigkeit des Kulturbereichs zu erhöhen.

Die europäischen Projektkonsortien werden in beiden Bereichen mit maximal 300.000 Euro pro Projekt gefördert. Der größte Teil der Fördermittel wird als Pauschalen erstattet, so dass der bürokratische Aufwand vergleichsweise gering ist. Die Antragsdeadline ist der 29. Oktober 2020. Die Projekte starten frühestens am 1. März 2021 und dauern max. 24 Monate.

Unser Tipp: Bei der Bewertung von EU-Anträgen kann man sowohl als Antragsteller als auch als Partner in einem Projektkonsortium Überraschungen erleben und einiges lernen. Fakt ist: Erfahrung kann entscheidend sein, wenn es darum geht, in die Liste der geförderten Projekte aufgenommen zu werden oder umfassende Kürzungen im Budget zu vermeiden. Anders ausgedrückt: Wer diese Erfahrung nicht hat, sollte sich Unterstützung von erfahrenen Antragstellern holen. Die folgenden Beispiele aus der Praxis zeigen anhand wichtiger Evaluationskriterien, was auf Sie zukommt:

Bewertungskriterium „Relevanz des Projekts“:

Ihre Gutachter*innen arbeiten unter Zeitdruck und müssen sehr schnell eine komplexe Frage beantworten. Ist Ihre Projektidee relevant? Die Gutachter*innen richten sich nach einem Bewertungskatalog, der Ihnen bei Ihrer Antragstellung ebenfalls zur Verfügung steht. Orientieren Sie sich unbedingt daran und stellen Sie in möglichst einfachen Worten dar, wie Ihr Projekt diese Kriterien erfüllt. Dabei gibt es diverse Herausforderungen. Zum Beispiel muss Ihr Projekt innovativ sein. Innovation ist aber per Definition etwas Neues und man kann das Neue seriöserweise nicht zu 100 Prozent benennen. Eine pragmatische Lösung ist: Seien Sie lieber etwas weniger innovativ bei der Darstellung Ihrer Projektidee, damit Ihre Gutachter*innen verstehen, was Sie vorhaben. Lassen Sie sich aber genug Spielraum für die Umsetzung, damit Sie Ihre innovativen Ideen im Projektverlauf weiterentwickeln können.

Bewertungskriterium „Qualität der Projektkonzeption und -durchführung“:

Es ist empfehlenswert, eine anerkannte Projektmanagement-Methode wie z. B. PRINCE2 zu kennen und für die Umsetzung eines EU-Projekts zu nutzen. Das bringt nach unserer Erfahrung Pluspunkte. Wir haben aber auch erlebt, dass eine an PRINCE2 ausgerichtete Projektdurchführung von Gutachter*innen als zu starr und unflexibel beurteilt wurde. Da wundert man sich. EU-Projekte bzw. die Art und Logik von EU-Antragsformularen lassen wenig bis gar keinen Raum für Flexibilität in der Darstellung der Projektkonzeption. Bei Erasmus+ muss man z. B. die Projektprodukte im Antrag sehr genau beschreiben, sonst kann das Budget dafür schnell gekürzt oder sogar ganz gestrichen werden. Wir wünschen uns als Antragsteller schon lange eine agilere Herangehensweise, aber bis dahin raten wir zu einem klassischen Projektmanagement-Ansatz.

Bewertungskriterium „Qualität des Projektteams“:

Ein ausgewogenes Projektkonsortium mit Partnern, die unterschiedliche Kompetenzen vereinen, ist ein gutes Ziel bei der Zusammenstellung eines EU-Projektteams. Leider gibt es auch einige weniger bekannte Kriterien. Zum Beispiel wird im Bereich Aus- und Weiterbildung bei Erasmus+ gerne gesehen, dass man wissenschaftliche Akteure in das Konsortium aufnimmt. Das ist generell positiv zu bewerten. Bei der Zusammenarbeit mit Hochschulen bzw. sonstigen größeren Organisationen oder Unternehmen muss man sich aber fast immer auf unflexiblere bzw. langwierige Entscheidungsstrukturen einstellen. Wichtig also: Augen auf bei der Partnerwahl!

Bewertungskriterium „Wirkung und Verbreitung“:

Mit dem Thema Nachhaltigkeit der Projektergebnisse und der Erarbeitung einer guten Projektmarketing-Strategie tun sich viele Antragsteller schwer. Ihr Fokus ist oft zu sehr auf die Projektidee gerichtet und zu wenig darauf, wie sie ihr Zielpublikum erreichen und was die Zielgruppe tatsächlich braucht. Am besten ist es, wenn Sie Vertreter*innen der Zielgruppe direkt ins Projektkonsortium aufnehmen. Dadurch stellen Sie sicher, dass alle Projektfortschritte während der Projektdurchführung immer auch aus dem Blickwinkel der zukünftigen Nutzer*innen beurteilt werden. Das führt zu besseren Ergebnissen und zu mehr Impact.

Wir wünschen Ihnen viel Erfolg bei der Antragstellung! Mit Überraschungen ist zu rechnen.

Hier geht´s direkt zu den Webseiten der Nationalen Agenturen, die für die Sonderausschreibung von Erasmus+ verantwortlich sind: Jugend für Europa, NABiBB und DAAD.

 

#emcra als Projektpartner

Wir werden uns bei der oben genannten Erasmus+ Ausschreibung nicht mit einem eigenen Antrag beteiligen. Als Partner in einem oder zwei spannenden EU-Konsortien ist eine Beteiligung von emcra aber möglich. Wenn Sie zu einem der folgenden Themenkomplexe eine spannende Projektidee haben, dann wenden Sie sich sehr gerne an uns (info@emcra.eu; 030 3180 1330): Leadership und Management im digitalen Zeitalter, New Work, Selbstorganisation sowie Internationalisierung von Unternehmen und Organisationen.

Hier finden Sie kostenfreie Ergebnisse und Informationen zu bereits abgeschlossenen bzw. noch laufenden emcra-Projekten:

- Online-Lerntool Digitale Transformation

- Online Selbstanalyse-Instrument Europeanisation

- Online Lerntool Risiko- und Chancenmanagement CASSANDRA

- Online Materialien WBL-Pro (Work Based Learning – Professionals)

- Projekt GRCEssentials (Governance, Risikomanagement und Compliance)

- Projekt INCLUDE (Inklusive Führung im Digitalen Zeitalter)

- Projekt BEGIN (Soft Skills für den Arbeitsmarkt)

Viel Spaß beim Stöbern und Lernen! Wenden Sie sich bei Fragen zu unseren EU-Projekten gerne an uns: projects@emcra.eu

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030 31801330