Aufwind oder Flaute? Fundraising 2024 in Zahlen |
05.03.2025, 12:04 |
Wir leben in unruhigen Zeiten. Zahlreiche gesellschaftliche und wirtschaftliche Herausforderungen prägen unseren Alltag, politisch befindet sich das Land im Umbruch. Auch die Förderlandschaft von Gemeinden, Ländern und dem Bund wird sich mit dem anstehenden Regierungswechsel verändern. Bei der Beratung unserer Kund:innen merken wir: Immer mehr Organisationen, die bisher primär auf Fördermittel fokussiert waren, versuchen sich zur Resilienzsteigerung zu diversifizieren und deshalb das klassische spendenbasierte Fundraising als weitere Finanzierungssäule aufzubauen. Schließlich hängen die Spendierhosen der Bürger:innen nicht in Brüssel oder Berlin im Schrank. Ganz so einfach ist es jedoch nicht. Auch im Fundraising gibt es von Jahr zu Jahr bisweilen signifikante Unterschiede in der Spendierlaune, und vor allem auch zwischen den Zwecken, für die gerne ein Taler locker gemacht wird. Bevor Sie also Ihre nächste (oder erste?) Spendenkampagne planen, lohnt es sich immer, gründlich auf den Zahn der Zeit zu fühlen und zu prüfen, was Spender:innen aktuell besonders bewegt. Dieses Herantasten ist, frei nach Mark Twain’s Motto “History doesn’t repeat itself, but it often rhymes”, gut durch eine gründliche Analyse der Daten und Fakten von vergangenen Fundraisingjahren zu bewerkstelligen. Eine solide Quelle für die entsprechenden Erhebungen ist die jährlich veröffentlichte “Bilanz des Helfens” vom Deutschen Spendenrat e.V. In diesem Fördertipp brechen wir für Sie die dort gewonnen Daten herunter, fassen für Sie die wichtigsten Ergebnisse und Entwicklungen zusammen und filtern heraus, was die Zahlen und Fakten für Ihre Organisation und Ihre Spendenprojekte bedeuten.
Probieren ist super, vorher zu studieren ist noch besser! Bevor Sie sich in die Fluten des Fundraisingozeans stürzen, lohnt es sich, das Wetter zu checken. Zahlen und Statistiken sind zwar nicht alles und bestenfalls ein Abbild von Trends, sie können jedoch wegweisend für eine passende Fundraisingstrategie für Ihre Organisation sein.
Das Spendenjahr 2024 im Überblick Alles in allem war 2024 ein gutes Spendenjahr. Obwohl die Haushalte der Deutschen weiterhin durch Inflation und suboptimaler Wirtschaftslage unter finanziellem Druck stehen, wurde leicht mehr gespendet als im Vorjahr. Insgesamt wurden 5,1 Millionen Euro von Privatpersonen an gemeinnützige Organisationen gespendet: Ein Anstieg von etwa 2 % gegenüber dem Vorjahr. Dieses Spendenniveau entspricht etwa dem Volumen von 2019, also vor Corona und Russlands Invasion der Ukraine - und das in einer wirtschaftlich wesentlich schlechteren Lage und angespannten Stimmung im Land. Eine Selbsteinschätzung der Befragten verrät, dass über 60 % ihre finanzielle Lage in den vergangenen drei Jahren als schwierig ansehen. Die Reallöhne sind durch die Inflation stark gesunken und brauchen Zeit, das Defizit wieder aufzuholen. Im Umkehrschluss ist also der “reale Spendenmarkt” besser aufgestellt als 2019: Die Kaufkraft der Menschen ist gesunken, trotzdem ist der Spendenwille leicht gestiegen. Die durchschnittliche Spende beträgt dabei 43 Euro, das sind 3 Euro mehr als im Vorjahr. Besonders überraschend ist die Tatsache, dass pro Spender:in durchschnittlich mehr als sieben mal pro Jahr gegeben wird. Dem steht allerdings gegenüber, dass nur 25 % der Bevölkerung überhaupt Geld spendet. Für Sie als Organisation bedeutet das: Sobald Sie Spender:innen für sich gewinnen können, ist die Chance gut, dass nicht nur “Kleckersummen” gegeben werden - “Wiederholungsspender:innen” sind dann keine Seltenheit. Die große Kunst dabei ist es, aus Nichtspender:innen Spender:innen zu machen und sichtbar für genau die Menschen zu sein, die sich für Ihren Spendenzweck interessieren. Wie in jedem Jahr war auch 2024 wieder der Dezember der mit Abstand spendenreichste Monat und machte knapp 20 % des gesamten Spendenaufkommens aus. Gerade wenn Ihre Organisation Fundraising eher als “Zusatzfinanzierung” betreibt und nicht primär auf Spenden angewiesen ist, lohnt es sich also, Ihre Fundraisingaktionen insbesondere für den Dezember zu planen. Dann sitzen die Groschen bei den Spender:innen immer etwas lockerer.
Wofür wurde gespendet? In den Jahren 2020-2023 wurde überdurchschnittlich viel für Not- und Katastrophenhilfe gespendet. Grund dafür ist insbesondere die Ukrainehilfe. 2024 ist dieser Anteil um 22 % zurückgegangen, das Gesamtspendenvolumen aber, wie eingangs erwähnt, gestiegen. Das heißt im Umkehrschluss, dass die Spendeneinnahmen in allen anderen Bereichen um 8 % gestiegen sind. Für Sie als Organisation bedeutet das aktuell größere Chancen auf Spendenmittel als zuvor, zumindest wenn Ihr Spendenzweck nicht in der Not- und Katastrophenhilfe liegt. Die wichtigsten von dieser Entwicklung betroffenen Spendenzwecke sind kirchliche und religiöse Zwecke, Kinder- und Jugendhilfe sowie Krankheit und Behinderung. Sonstige soziale Zwecke & Bildung sind in der gemeinsamen Summe in etwa so stark vertreten wie jeder einzelne der vorangegangenen drei Zwecke. Unabhängig vom Spendenzweck wird mehr für nationale Projekte gespendet, 56 % der Spendenmittel bleiben im Land. Diese Zahlen sollten Sie aber nicht entmutigen, falls Sie jetzt beispielsweise ein Spendenprojekt im Bereich der Jugendbildung planen. Es gibt zwar insgesamt weniger potenzielle Spender:innen in diesem Bereich, der Wettbewerb ist aber auch geringer. Besonders als kleine bis mittelgroße Organisation mit weniger signifikanten Mitteln für Fundraisingkampagnen kann das durchaus ein Vorteil sein, insbesondere wenn Sie sich auf einen möglichst klar definierten Bereich konzentrieren. Wenn Sie beispielsweise eine Tierschutzorganisation in Berlin sind, die Aktionen für den Erhalt des Tempelhofer Feldes als unbebauter Bereich plant, müssen Sie nicht direkt mit dem NABU konkurrieren, der um Mittel für den Erhalt der Lebensräume von Steinadlern in den Alpen wirbt. Konzentrieren Sie sich auf klar definierte, lokale Probleme und Lösungen, gehen Sie direkt auf die Leute vor Ort zu und fokussieren Sie auch Ihre digitalen Spendenkampagnen auf die Menschen, die direkt von Ihrem Spendenzweck profitieren.
Wer sind unsere Spender:innen? Wie jedes Jahr kommt der Großteil der Spenden von den über 70-Jährigen, und zwar über 40 % der Gesamtspendensumme. Der Rest verteilt sich relativ gleichmäßig auf Menschen zwischen 50 und 69 Jahren (etwa 30 %) und die jüngere Generation unter 49. Eine besondere Entwicklung: Menschen zwischen 30 und 39 Jahren verzeichnen das dritte Jahr in Folge einen signifikanten Anstieg bei den Spendeneinnahmen. Es lohnt sich also, in Ihrer Fundraisinstrategie nicht nur die älteren Semester zu fokussieren, sondern auch die “Mittelalten” gebührend mitzudenken. Idealerweise schmieden Sie gemeinsam mit Ihren Spender:innen lebenslange Partnerschaften, von denen beide Seiten profitieren. Wie das im Detail funktioniert, erfahren Sie in unserem Modul zur Fundraisingstrategie! Die Spendenbereitschaft ist zwar relativ stabil, sie ist aber in den letzten 20 Jahren massiv gesunken. Zwischen 2019 und 2024 spendete ca. ein Viertel der Deutschen, 2005 waren es noch über 50%. Um ein attraktiver Anbieter auf dem Spendenmarkt zu sein, ist es von großer Wichtigkeit, die Demographie der Spender:innen in Deutschland zu kennen. Dazu gehört auch zu wissen, warum so viel weniger Menschen spenden als in den Nuller-Jahren. Natürlich spielt auch hier wieder die angespannte wirtschaftliche Lage eine Rolle. Allerdings ist der Hauptgrund, den Nichtspender:innen angeben, der Zweifel an der Transparenz und Effektivität von Wohltätigkeitsorganisationen. Für Sie als Organisation bedeutet das zweierlei. Ermöglichen Sie den Menschen neben finanziellen auch Zeit- und Sachspenden! Die Bevölkerung ist nicht in 20 Jahren komplett zu verschrobenen Eigenbrötlern mutiert. Die Menschen engagieren sich immer noch gerne für einen guten Zweck, einige haben nur nicht mehr die Möglichkeit, dies direkt mit Euros zu tun. 15 % der Befragten bevorzugen es, statt Geld Zeit- oder Sachspenden zu geben. Das sind Millionen von Menschen, die Sie und Ihre Projekte gerne unentgeltlich unterstützen möchten! Zweifeln an Transparenz und Effektivität können Sie durch eine gute Fundraisingkommunikation entgegenwirken. Gestalten Sie Ihr Informationsmaterial eindeutig und leicht verständlich. Veröffentlichen Sie die Ergebnisse Ihrer spendengetragenen Projekte regelmäßig und detailliert. Berichten Sie auch im Sinne des Storytellings regelmäßig von den Erfolgen und Fortschritten Ihrer Aktionen und halten Sie Ihre Unterstützer:innen stets darüber informiert. Wie das für Ihre Organisation am besten umsetzbar ist, können Sie übrigens in unserem Modul zur Fundraisingkommunikation erfahren!
Weitere Infos Natürlich konnten wir in einem Newsletter nicht die gesamte “Bilanz des Helfens auswerten”. Deshalb haben wir für Sie hier noch ein paar nützliche und interessante Links zum Weiterstöbern und Vertiefen zusammengestellt. Hier geht es zur Auswertung des Deutschen Spendenrat e. V. und direkt zur Bilanz des Helfens. Hier finden Sie eine Präsentation des Deutschen Spendenrat e. V. zu den Entwicklungen in einzelnen Bundesländern. Hier finden Sie eine Analyse zu Fundraising-Trends für 2025 von der Fundraisingagentur Grünalpha.
Wir wünschen Ihnen viel Erfolg bei der Umsetzung Ihrer Fundraisingvorhaben!
#emcra_auf_LinkedIn Alles neu macht der Mai, aber dem sind wir schon einige Schritte voraus! In den vergangenen Monaten durften wir einige tolle neue Mitarbeiterinnen im emcra Team begrüßen. Möchten Sie die neue emcra Frauenpower kennenlernen? Dann folgen Sie uns sehr gerne auf unserer LinkedIn-Seite. Dort informieren wir Sie auch regelmäßig über neue Fördertipps, News aus der Fundraising- und Förderwelt und brandneue Methoden aus der Organisationsentwicklung. Außerdem können Sie uns gerne auch direkt kontaktieren, falls Sie einen etwas legereren Austausch als via Mail und Telefon bevorzugen. Aber natürlich sind wir auch auf klassischem Wege weiterhin für Sie erreichbar: Haben Sie Interesse oder Fragen zu diesen Angeboten? Bitte kontaktieren Sie uns direkt (030/ 3180 1330) oder per E-Mail an info@emcra.eu. Wir informieren Sie auch gerne über die umfassenden Fördermöglichkeiten, um Ihre Teilnahme an unseren Weiterbildungen zu ermöglichen. Ihre Teilnahme kann bis zu 100 % gefördert werden. Die geförderte Teilnahme ist auch berufsbegleitend möglich, wobei der Arbeitgeber zusätzlich zur Weiterbildungsförderung einen Lohnkostenzuschuss erhalten kann. |
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